Der rechtliche Rahmen von privaten Sicherheitsdiensten auf deutschen Handelsschiffen

05.08.2019

Der Einsatz eines privaten Sicherheitsdienstes an Bord eines deutschen Handelsschiffes erfordert eine behördliche Genehmigung. Dabei ist es unerheblich, ob es sich dabei um einen deutschen oder ausländischen Dienstleister handelt. Entscheidend ist der Einsatz auf einem deutsch beflaggten Schiff. Der Gesetzgeber hat infolge des raschen sowie brutalen Aufkommens der Piraterie vor der Küste Somalias zügig reagiert und entsprechende Teile der Gewerbeordnung (GewO) und des Waffengesetzes im Jahr 2013 neu geregelt. Dabei wurden auch die maritimen Besonderheiten eingehend beachtet. Denn abweichend zum sonstigen Bewachungsgewerbe, wie das Aufdecken von Ladendiebstählen, Ordnertätigkeiten auf Großveranstaltungen oder die Bewachung des Einlassbereichs von Diskotheken, sind im maritimen Bereich nautische, operative und insbesondere rechtliche Kenntnisse bedingungslos notwendig. Denn der Einsatz auf hoher See erfolgt in einem völkerrechtlich stark determinierten Umfeld.

Eine wesentliche Neuerung ist der § 31 Abs. 1 GewO, der nun ein Zulassungsverfahren für private Sicherheitsdienste vorschreibt. Die Zuständigkeit für die Durchführung und Erteilung der Zulassung obliegt gemäß § 31 Abs. 2 und Abs. 7 GewO dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Im Gegensatz dazu erfolgt die außerhalb des maritimen Bereichs gebräuchliche personenbezogene Zulassung gemäß § 34a GewO nun unternehmensbezogen. Dies ist im Gewerberecht zwar unüblich, wird jedoch praxisrelevant begründet. Denn deutsche Schiffe werden zahlenmäßig überwiegend durch ausländische Unternehmen mit multinationalem Personal bewacht, wodurch eine Einzelüberprüfung der Personen nur stark begrenzt durchführbar ist. Ganz zu schweigen von einer permanenten Überwachung im Einsatzgebiet. So wird nicht wie sonst üblich geprüft, ob der Einzelne zuverlässig, persönlich geeignet ist und über die notwendige Sachkunde verfügt, sondern, ob das Unternehmen eine geeignete Organisation betreibt, die ebendies sicherstellt. Die Zulassung wird lediglich auf zwei Jahre erteilt. Diese Befristung ist ein wichtiger Schritt für die Sicherstellung, dass die Voraussetzungen einer Zulassung regelmäßig geprüft werden. Denn das sonst gebräuchliche Überwachungsinstrument der sogenannten Nachschau durch die zuständige Behörde gemäß § 29 GewO kann außerhalb der Hoheitsgewässer kaum erfolgen.

Im Falle eines Überfalls hat das Sicherheitspersonal keine eigenständigen Eingriffsbefugnisse gegenüber den Angreifern, wie es staatliche Kräfte hätten. Auch die gewerberechtliche Neuregelung vergibt keine neuen materiellen Befugnisse. Denn der Sicherheitsdienst ist weder ein Hoheitsträger, noch werden ihm hoheitliche Befugnisse verliehen. Somit bleibt das staatliche Gewaltmonopol bestehen. Wie auch vor der Neuregelung finden im Rahmen eines Piratenüberfalls für das Sicherheitspersonal die sogenannten Jedermannsrechte Anwendung. Das bedeutet, dass je nach Umständen des Einzelfalls Abwehrmaßnahmen straffrei getroffen werden können. Hierbei ist vor allem Notwehr und Nothilfe gemäß § 32 Strafgesetzbuch von Bedeutung. Demnach wird nicht rechtswidrig gehandelt, wenn ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff auf sich (Notwehr) oder einen anderen (Nothilfe) abgewehrt wird. Die Jedermannsrechte stecken somit den äußeren Rahmen des Einsatzgeschehens der Sicherheitskräfte ab. Ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff liegt immer dann vor, wenn dieser unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch nicht abgeschlossen ist. In Bezug auf einen Piratenüberfall dürfte dies erfüllt sein, wenn sich die Angreifer auf effektive Schussreichweite genähert haben.

Zur Abwehr dieses Angriffes kann unter Wahrung der Eskalationsstufen der Einsatz einer Schusswaffe auch mit Todesfolge erforderlich sein. Wenn die Grenzen des Notwehrrechts jedoch vorsätzlich überschritten werden, dann kommt eine Strafbarkeit wegen Körperverletzungs- oder Tötungsdelikten in Betracht. Das Einhalten von Eskalationsstufen ist aus dem militärischen und vor allem polizeilichen Handeln bekannt. Es bedeutet, dass je nach Einzelfall das mildeste zu Verfügung stehende Mittel genutzt werden muss, um den Angriff sicher abwehren zu können. Im staatlichen Handeln wird dies Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genannt, nachdem sich auch das private Sicherheitspersonal halten sollte. Auf einen Überfall mit bewaffneten Angreifern angewandt sind folgende Eskalationsstufen in Verbindung mit einem möglichen Schusswaffeneinsatz denkbar: zur Verdeutlichung das Gegenwehr vom Schiff ausgeht sind zunächst Warnschüsse in die Luft abzugeben. Hier soll durch den Mündungsknall akustisch und durch das Aufblitzen von Mündungsfeuer visuell gewarnt werden. Wird daraufhin der Angriff nicht abgebrochen, so sind auf der nächsten Stufe Warnschüsse ins Wasser in unmittelbarer Nähe des Angreifers abzugeben. Hier soll zusätzlich durch das Aufspritzen von Wasser die aktive Gegenwehr noch energischer aufgezeigt werden. Die nächste Eskalation stellen gezielte Schüsse gegen den Motor oder den Bootskörper dar. Stellt sich auch dann nicht die erwünschte Wirkung ein und es stehen keine milderen Abwehrmittel mehr zur Verfügung, so ist der Gebrauch der Schusswaffe direkt gegen den Angreifer rechtmäßig.

Zur Abwehr eines rechtswidrigen Angriffes ist die Voraussetzung, dass dieser auch als solches von den Kräften an Bord zweifelsfrei erkannt wird. Allzu leicht ist die Verwechslung mit einem harmlosen Fischer möglich. Es wäre fatal, wenn es aufgrund eines Irrtums durch mangelhafte Einschätzung der Situation zur Verletzung oder gar Tötung eines Unbeteiligten kommen würde. Ein typischer Angriff vor der Küste Somalias sieht wie folgt aus: mehrere, fünf bis acht Meter lange Schnellboote sind je mit etwa fünf Angreifern besetzt. Zusätzlich fallen diese häufig durch reichlich Benzinfässer, langen Leitern und Wurfhaken mit Tampen auf. Außerdem sind sie enorm stark motorisiert. Die Piratentaktik hat sich mit der Zeit dahingehend gewandelt, dass diese kleine Boote gemeinsam mit einem größeren Mutterschiff, ihrer Ausgangsbasis, fernab der Küstengewässer agieren. Ein lokales Fischerboot dagegen ist zumeist mit nur zwei Personen besetzt, hat lediglich eine handelsübliche Motorisierung und fährt nicht weiter als wenige Meilen von der Küste weg. Das Identifizieren eines Angreifers nur anhand des Mitführens von Schusswaffen ist ein Trugschluss, denn viele Fischer führen zur Selbstverteidigung ebenfalls Waffen mit.

Keep in Mind

– Durch die Zunahme der Piraterie vor der Küste Somalias und den maritimen Besonderheiten, hat der Gesetzgeber die Gewerbeordnung angepasst

– Der Einsatz eines privaten Sicherheitsdienstes an Bord eines deutschen Handelsschiffes erfordert eine auf zwei Jahre befristete Genehmigung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle

– Dazu muss der Sicherheitsdienst statt eines personenbezogenen Zulassungsverfahrens ein unternehmensbezogenes durchlaufen

– Mittels Jedermannsrechte kann unter Wahrung der Eskalationsstufen sich einem gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff widersetzt werden

– Dabei ist die zweifelsfreie Identifikation eines Angriffs erforderlich

Quellen:

Bundesgerichtshof. 1973. Urteil: Gegenwärtiger Angriff. NJW, 255.

Die Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland. 2011. „Maßnahmen im Kampf gegen Piraterie.“ Herausgeber: 17. Wahlperiode Deutscher Bundestag. 01. 08. Zugriff am 10. 04 2019. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/17/067/1706715.pdf.

Anmerkung Seitens der Privatimus GmbH: Dies ist ein Blogbeitrag von Christian Kluge.

favicon-196×196