Vorbereitung für das Befahren eines Risikogebietes mit einer Yacht

11.01.2018

Global verteilt lauern interpersonelle Gefahren, wie maritimer Terrorismus oder monetär motivierte Kriminalität, auf Yachten. Schon vor Beginn der Reise wird das Risiko eines Überfalls durch eine gründliche Vorbereitung reduziert. Der typische Komfort einer Yacht soll dabei nicht erheblich beeinträchtigt werden. Daher sind bauliche Maßnahmen wie das Befestigen von elektrischen Zäunen oder Nato-Draht, die auf Handelsschiffen häufig Anwendung finden, zwar grundsätzlich möglich, aber eher impraktikabel, da die Ästhetik der Yacht in Mitleidenschaft gezogen wird. Ergo, liegt das Augenmerk auf organisatorischen Maßnahmen.

Getreu dem Motto „sei auf das Schlimmste vorbereitet und hoffe das Beste“ dienen die folgenden Ausführungen als Anregung für die Vorbereitung.

Zunächst muss das Bewusstsein geweckt werden, dass in einem potenziell bedrohlichen Gebiet gefahren wird. Um unsichere Routen zu erkennen, gibt es einige Anhaltspunkte. Anfällig sind oftmals Küstenstaaten, die eine instabile soziale, politische bzw. wirtschaftliche Situation aufweisen. Weiterhin gibt es Staaten mit “Piratentradition” wie Somalia, Jemen und Philippinen. Auch Unruhen, Naturkatastrophen und landseitig hohe Kriminalität können zu einem Anstieg von Überfällen führen. Zu beachten ist, dass die sicherheitspolitische Lage im stetigen Wandel und daher eine kontinuierliche Neubewertung unerlässlich ist.

Informationsbeschaffung
Für die Einschätzung des Risikopotenzials eines zukünftig zu befahrenen Seegebietes und der einhergehenden Routenplanung ist eingangs eine umfassende Recherche der derzeitigen lokalen Situation notwendig. Geeignete deutschsprachige Quellen sind das Auswärtige Amt und deren deutschen Auslandsvertretungen sowie das Piraterie-Präventionszentrum der Bundespolizei. Letzteres bietet einen Workshop und individuelle Beratung für Weltumsegler an. Diese Quellen geben einen zuverlässigen Überblick über die Gesamtsituation. Für ein detaillierteres Bild ist das gründliche Lesen der lokalen Medien unerlässlich. Dies ist in Zeiten von Onlinemedien keine Herausforderung mehr. Auch die segelspezifische Plattform www.noonsite.com bietet zahlreiche nützliche Informationen.

Planung der Route
Um die Wahrscheinlichkeit eines Überfalls zu reduzieren, gilt der Grundsatz: je größer der Abstand zum gefahrenträchtigen Gebiet, desto geringer ist das Angriffsrisiko. Ein Weiterer ist: gefährliche Passagen sollten mit höchstmöglichem Tempo passiert werden, denn Geschwindigkeit bringt Sicherheit.

Kann ein Risikogebiet nicht vermieden werden, so sollten die Umstände der Route vorteilhaft genutzt werden. Dies wird u.a. durch die Wetterlage erreicht, denn bei Schlechtwetter sind Überfälle kaum möglich. Zudem sollte das Fahren bei hellen Nächten vermieden werden, da die Schiffssilhouette durch die Helligkeit deutlich aufzuklären ist.

Das Erreichen des Ankerplatzes sollte so zeitlich geplant werden, dass nach dessen negativen Sichtung ein Ausweichplatz vor Sonnenuntergang erreicht werden kann. Sofern es geschützte Marinas in der Nähe der Route gibt, sollten diese aufgesucht werden.
In manchen Regionen gibt es international geschützte Korridore, welche sich durch den Schutz staatlicher Akteure auszeichnen. Ein Beispiel ist der “Internationally Recommended Transit Corridor” entlang der somalischen Küste. Mittlerweile sind dort die Sicherheitsstrukturen professionalisiert. Es gibt ein aktives Meldewesen, organisierte Konvoifahrten und Militärpräsenz. Wichtig ist das frühzeitige Anmelden bei den Behörden, um im vollen Umfang von den Strukturen profitieren zu können.

Weitere Anregungen für präventive Maßnahmen

• Bargeld, Schmuck und weitere Wertgegenstände auf verschiedene Verstecke verteilen
• Wichtige Dokumente (Reisepass, Personalausweis, Schiffspapiere…) als elektronische Kopie in einer sicheren Cloud speichern, um bei Verlust die Arbeit mit den Behörden zu beschleunigen
• Ggf. geprüftes Sicherheitspersonal einsetzen
• Verhaltensweisen, wie der sichere Umgang mit Hilfsmitteln und Waffen, Kindern sowie Erste-Hilfe, trainieren
• Alle getroffenen Sicherheitsmaßnahmen der Crew bekannt geben
• Funktionsüberprüfung aller Safety und Security Ausstattungen
• Security-Briefing vor Einfahrt in das Risikogebiet
• Für das ununterbrochene Durchqueren ausreichend Betriebsstoffe und Wasser vorhalten
• Um Störungen zu vermeiden, muss die Yacht in einem einwandfreien Betriebszustand gehalten werden

Zusätzliche Ausstattung

• Für die frühzeitige visuelle Aufklärung eines Angriffs hilft ein leistungsstarkes Fernglas bei Tag und Infrarot- oder Wärmebild-Ferngläser bei Nacht.
• Vor Anker fungieren batteriebetriebene Einbruchsdetektoren, auf Basis von Infrarotmeldern oder Drucksensoren, als Alarmanlage.
• Ein Satellitentelefon dient, zusätzlich zum Schiffsfunk, als autarkes Kommunikationsmittel.
• Wird in Erwägung gezogen ein Schutzraum für die Crew innerhalb der Yacht anzulegen, sollten einige Mindestanforderungen bedacht werden. Ein hoher Widerstand vor ungewolltem Zugriff von außen muss bestehen. Sowie eine autarke Kommunikation, Belüftung und Schiffsführung sollte möglich sein. Des Weiteren muss dieser beschusssicher sein und ein Mindestmaß an Privatsphäre vorherrschen.
• Im Falle einer Entführung kann ein Extravorrat an Trinkwasser, Trockenproviant, Wasseraufbereitungstabletten, Vitaminpräparate und Medikamente das Überleben erleichtern.

Handfeuerwaffen an Bord zur Selbstverteidigung
Diese Thematik ist sehr kontrovers. Der Ausgangspunkt ist stets die eigene Wertvorstellung, denn nicht jeder toleriert Waffen in seiner Umgebung.

Wird sich für eine Waffe entschieden, müssen zahlreiche rechtliche Aspekte beachtet werden, denn jedes Zielland hat eigene Gesetzgebungen. Wird sich an diese nicht gehalten, werden hohe Sanktionen riskiert. Zuverlässiger Informant ist die eigene Auslandsvertretung in dem jeweiligen Land.

Darüber hinaus muss die sichere Handhabung der Waffe vor Reisebeginn gegeben sein. Während der Fahrt muss der Zugang zur Waffe barrierefrei sein, da Überfalle sehr überraschend stattfinden können und oftmals nicht viel Zeit zur Verfügung steht.
Eine Waffe kann im Falle einer verdächtigen Aktivität zunächst abschreckend wirken. Kommt es dennoch zu einer Auseinandersetzung, kann diese zur erfolgreichen Abwehr dienen. Jedoch kann die Waffe auch negative Auswirkung auf die prekäre Situation haben. Es besteht die Gefahr einer Gewaltspirale, denn die Notwehr kann ein gewalttätigeres Verhalten beim Angreifer bewirken.

Alternative: Nicht-letale Wirkmittel
Wer keine Handfeuerwaffe in seiner Nähe haben oder eben diese ergänzen möchte, kann nicht-tödliche Hilfsmittel verwenden.
Ein Beispiel ist die sehr effektiv verwendete Schallkanone (Long Range Acoustic Device – LRAD). Diese technische Einrichtung erzeugt einen richtbaren Schallkegel mit hoher Reichweite. So kann es mittels Durchsagen als Warnung oder durch das Aussenden schmerzhafter, schriller Töne zur Abwehr genutzt werden.

Ein weiteres Mittel sind starke Blendscheinwerfer. Damit können Angreifer aus großer Distanz geblendet werden. Das erschwert die Annäherung und signalisiert zugleich eine hohe Wachsamkeit. Ein Nachteil ist, dass die Wirkung bei Tageslicht stark eingeschränkt ist.

Auch Pfefferspray kann ein wirksames Abwehrmittel sein. Bei Benutzung müssen vor allem die Windverhältnisse auf See beachtet werden, um eine Eigenkontamination auszuschließen. Zudem hat es nur eine geringe Reichweite.
Auch hier ist der sichere Umgang mit jeglichem Hilfsmittel und regelmäßigen Trainings absolut notwendig.

Keep in Mind

• Aktive Vorbereitung verringert die Angriffswahrscheinlichkeit
• Staatliche Quellen geben einen zuverlässigen Gesamtüberblick, lokale Medien verdichten das Lagebild
• Je größer der Abstand zum Risikogebiet, desto geringer das Angriffsrisiko
• Gefährliche Passagen mit Höchstgeschwindigkeit passieren
• Gegebenheiten der Route zum eigenen Vorteil nutzen
• Bei Verwendung von Handfeuerwaffe zur Selbstverteidigung sind rechtliche Aspekte und der verantwortungsvolle Umgang zu beachten
• Waffen können abschreckend wirken und eine direkte Konfrontation abwehren, wobei die Gefahr einer Gewaltspirale besteht
• Nicht-letale Wirkmittel sind eine Alternative bzw. Ergänzung zur Handfeuerwaffe

Quellen:
Hympendahl, K. (2002). Yacht-Piraterie. ISBN 3-7688-1389-4.
Yacht 24/16 (2016). Abenteuer, aber sicher. ISSN 0043-9932.

Anmerkung Seitens der Privatimus GmbH: Dies ist ein Blogbeitrag von Christian Kluge.

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